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Eiweiss
Der Mensch braucht kein Eiweiss!
Der Mensch braucht kein Eiweiß
Die Eiweiße gehören zu den Grundnährstoffen und liefern ca. 4 kcal/ g. Eiweiße sind aus Aminosäuren zusammengesetzt und genau das ist der Grund für meine etwas provokative Aussage, dass der Mensch eigentlich überhaupt kein Eiweiß benötigt. Allein aus Aminosäuren kann er alle seine körpereigenen Eiweiße aufbauen. Und eben diese Tatsache veranlasste mich dazu, diese Provokation als Überschrift dieses Kapitels zu wählen. Viel zu eingefahren wird immer nur von tierischem und pflanzlichem Eiweiß gesprochen und davon, dass das eine dem anderen gegenüber minderwertiger sein soll. Dabei fallen bei der Aufspaltung tierischer Eiweiße eine ganze Menge unangenehmer Nebenprodukte im Stoffwechsel an, die der Körper erst wieder entsorgen muss. Und genau das, muss der menschliche Körper nämlich zu aller erst mit dem Eiweiß tun - es aufspalten in seine Aminosäuren. Nur so sind sie für ihn nutzbar und er kann daraus sein körpereigenes Eiweiß aufbauen.
Biologische Wertigkeit
Tierisches Eiweiß wird immer als höherwertig betrachtet, weil es in einem Verhältnis aus Aminosäuren besteht, das dem des Menschen näher steht. Dadurch kann angeblich aus 1 g tierischem Eiweiß mehr körpereigenes Eiweiß direkt aufgebaut werden, als aus der gleichen Menge pflanzlichem. Der Begriff der Biologischen Wertigkeit gibt eben dieses Verhältnis an, was bei einer biologischen Wertigkeit von 100 bedeutet, dass das Aminosäurespektrum und die vorhandenen Mengen der einzelnen Aminosäuren des Nahrungsmittels zu 100% in körpereigenes Eiweiß umgebaut werden können. Genau genommen beschreibt die biologische Wertigkeit die Menge an menschlichem Körpereiweiß, die durch 100 g Nahrungseiweiß ersetzt werden kann. Das Vollei-Protein wurde als Bezug gewählt und damit mit 100 angegeben. Und noch etwas genauer und wissenschaftlicher ausgedrückt heißt das, dass die biologische Wertigkeit angibt, wieviel Gramm Körperstickstoff durch 100 g resorbierten Nahrungsstickstoff ersetzt oder gebildet werden kann.
Tierisches Eiweiß hat meist eine biologische Wertigkeit von 80 - 100, das heißt also, aus 100 g aufgenommen Eiweiß können 80 - 100 g Körpereiweiß gebildet werden. (Demnach müsste ja menschliches Fleisch das beste sein! Was für eine Vorstellung!) Bei pflanzlichen Eiweißen beträgt die biologische Wertigkeit 60 - 70, da die für den Menschen essentiellen Aminosäuren in einem "ungünstigeren" Mengenverhältnis zugeführt werden. Ursprünglich kam die Erkenntnis der Höherwertigkeit aus einer Studie Mitte des letzten Jahrhunderts mit Ratten, die mehr an Gewicht mit tierischem Eiweiß zulegten. Und man hat einfach die Erkenntnis von der Ratte auf den Menschen übertragen. Irgendwie hat man dabei vergessen, dass der Mensch eben keine Ratte ist. Außerdem variiert die Resorption von Mensch zu Mensch und ebenso die Fähigkeit zur Speicherung und Nutzung. Die biologische Wertigkeit von 100 ist also nur eine theoretische Größe. Denn woher kämen sonst biologische Wertigkeiten von 130 und mehr, die man bspw. mit dem Mischen von eiweißhaltigen Lebensmitteln erreichen könnte, wie bspw. bei einer Mischung aus 36% Ei-Eiweiß und 64% Kartoffel-Eiweiß -biologische Wertigkeit von 136!
Und hier nun noch ein Zitat von Doris Balsiger. Es stammt von der -> folgenden Seite des Vegetarierbundes, wo man den gesamten Text zum Thema "Pflanzenküche - Genießen mit Vernunft" nachlesen kann:
"Eiweiß-Mythos Immer wieder taucht die Theorie auf, dass eine rein pflanzliche Ernährung nur möglich ist, wenn man sich genau mit der Eiweißzusammensetzung (Aminosäuren) der einzelnen Nahrungsmittel auskennt und nach einem bestimmten System die Ernährung zusammenstellt. Begriffe wie „biologische Wertigkeit" und "Kombinationstheorie" lassen die vegane Ernährung als für den Laien kompliziert erscheinen. Dabei handelt es sich um Fehlinterpretationen von Studien: Der Begriff „biologische Wertigkeit" stammt aus dem Jahre 1914 aufgrund einer Studie der Herren Osborn und Mendel. Sie fanden heraus, dass Ratten, die mit tierischem Eiweiß gefüttert wurden, schnellerwuchsen als solche, die Pflanzenkost erhielten. Sie zogen daraus den Schluss, dass tierisches Eiweiß eine höhere biologische Wertigkeit hat als pflanzliches. Die Meinung, dass schnelles Wachstum gute Gesundheit bedeute, ist zwar heute revidiert, nicht aber der Mythos vom tierischen Eiweiß. Auch die Wichtigkeit bestimmter Aminosäuren basiert auf Ratten-, nicht Menschenversuchen, und zwar aus dem Jahre 1940. Das optimale, d.h. für das schnellste Wachstum verantwortliche Aminosäuremuster entsprach demjenigen vom Ei-Eiweiß. Fleisch und Milch wiesen ähnlich gute Proteine auf im Hinblick auf schnelles Wachstum. Auch diese wissenschaftliche Erkenntnis sollte zu einem nicht auszurottenden Eiweiß-Mythos führen, für welche die Fleisch- und Milchwirtschaft ewig dankbar sein dürfte. Eine weitere Basis für den überhöhten Stellenwert des Eiweißes ist die „Kombinationstheorie". Ende der 60er Jahre erbrachte Frances Moore Lappe in ihrem Buch „Diet for a small planet" den Beweis, dass durch geschicktes Kombinieren von pflanzlichem Eiweiß das Aminosäuremuster vom Ei-Eiweiß erreicht oder gar übertroffen wurde. Mit dieser Erkenntnis war für die Leser eindeutig bewiesen: Der Mensch braucht zwar kein tierisches Eiweiß, es ist aber eine komplizierte Rechnerei, mit Pflanzen auf die (vermeintlich) notwendige Menge resp. Zusammensetzung zu kommen. Die Autorin wollte jedoch lediglich beweisen, dass auch Pflanzen durch entsprechende Kombination dem Ei-Eiweiß entsprechen und nicht, dass der Mensch dieses Aminosäuremuster braucht. Nach diesem Missverständnis, die ihre Studie hervorrief, veröffentlichte F. M. Lappe später eine überarbeitete Ausgabe ihres Buches. Doch der Glaube an die vermeintlich notwendige Kombination von pflanzlichen Proteinen blieb bis heute bestehen, wie immer wieder in Ernährungsartikeln zu lesen ist."
Alles in allem ist die biologische Wertigkeit also wirklich kein Faktor um sagen zu können, dass man durch pflanzliche Nahrungsmittel zwangsläufig in einen Eiweiß-Mangel kommt. Ebenso ist sie keine Größe, um den gesundheitlichen Vorteil eines Nahrungsmittels herauszustellen. Lediglich dem "Eiweiß-Mythos" wurde damit Vorschub geleistet!
Aminosäuren
Beim Menschen sind 21 Aminosäuren bekannt. Die meisten kann der menschliche Körper selbst herstellen und nur einige wenige muss er von außen zuführen, da er sie nicht selbst synthetisieren kann. Aber unser Körper ist ja keine Fehlkonstruktionen und so kann er natürlich Aminosäuren speichern und auch recyceln. Man muss also keineswegs täglich alle Aminosäuren aufnehmen, auch nicht die essentiellen.
Nüsse, Getreide und Hülsenfrüchte enthalten reichlich Eiweiß. Sojabohnen enthalten bspw. 36% Eiweiß, das ist mehr als bei den meisten Fleischsorten. Und Soja enthält alle 8 essentiellen Aminosäuren. Kartoffeln bspw. enthalten zwar nur 2% Aminosäuren, dafür aber sehr viele essentielle.
Essentielle Aminosäuren, also die, die der Organismus nicht selbst herstellen kann, müssen mit der Nahrung aufgenommen werden. Für Menschen sind
- Valin,
- Methionin,
- Leucin,
- Isoleucin,
- Phenylalanin,
- Tryptophan,
- Threonin und
- Lysin
- Tyrosin
- Arginin und
- Histidin.
Eiweiß im menschlichen Körper
Aminosäuren im menschlichen Körper werden benötigt um bspw. Muskeln aufzubauen. Sog. Strukturproteine sind dabei für den Zellaufbau notwendig. Auch für sog. Transporteiweiße, Abwehrstoffe und für Hormone werden Aminosäuren benötigt. Spezielle Eiweiße erhalten im Körper den osmotischen Druck und sind verantwortlich für die Erregbarkeit von Nerven und Muskeln. Durch die sog. Proteinbiosynthese ist es unserem Körper möglich, die vorher in ihre Aminosäuren zerlegten Eiweiße für seine eigenen Strukturen zu nutzen und aus ihnen körpereigenes Eiweiß aufzubauen.
Mangel an Eiweiß
Ein Eiweiß-Mangel ist in unseren Breiten kaum zu befürchten. Die gefürchtete Eiweißmangel-Krankheit Kwashiorkor mit all ihren Folgen wie Ödeme, Muskelschwäche, Wachstumsstörungen und Fettleber kommt eigentlich nur bei Kindern der sog. 3. Welt vor*. Auch der sog. Marasmus ist bei uns kaum anzutreffen, höchstens bei Kranken mit Bulimie und/ oder Anorexia nervosa, bei Krebskranken oder Menschen mit anderen auszehrenden Krankheiten. Dabei beschreibt der Marasmus nicht den Eiweiß-Mangel an sich, sondern den Mangel an Kalorien und Eiweiß. Haarausfall, Antriebsarmut und eine schlechte Abwehrlage können Hinweise auf einen Eiweiß-Mangel sein, sind jedoch in unseren Breiten meist anderen Ursprungs.
Veganer und Eiweiß
Der Speiseplan von Veganern sieht natürlich ein wenig anders aus, als sich das Fleischesser so vorstellen, wenn sie davon ausgehen, dass man Fleisch, Fisch, Eier, Milchprodukte und Honig weglässt. Denn allein mit dem Weglassen sähe so ein Speiseplan doch zugegebenermaßen recht langweilig aus. In der veganen Ernährung spielen Nüsse, Samen und Hülsenfrüchte eine ganz andere Rolle als bei Omnivoren und werden in verschiedenen Variationen eigentlich fast täglich verzehrt. Schaut man Veganern über den Tellerrand, stellt man fest, dass der Großteil der Veganer eher zu viel Eiweiß als zu wenig aufnimmt. Bspw. Brotaufstriche aus Bohnen, Linsen, Kichererbsen und Sonnenblumenkernen, Bratlinge aus Getreide und Produkte aus Soja und Weizeneiweiß und Gerichte mit Pilzen liefern so viel Eiweiß, dass man eigentlich fast schon aufpassen muss, dass es nicht zu einer Eiweiß-Mast kommt ;) . Große Mengen an Obst und Gemüse sind selbstverständlich und die enthalten ebenfalls eine ganze Menge Aminosäuren. Und wer sich für den veganen Speiseplan interessiert, der findet unter den Rezepten ab Kategorie 9 eine Menge Anregungen.
Zusammenfassung
Dr. Leitzmann von der Uni Gießen brachte es bereits auf den Punkt:
"Die oft diskutierten und bei falscher Praxis auch feststellbaren Mängel an Eisen, Vitamin B12, Calcium und Protein treten relativ selten auf, da Veganerlnnen sehr ernährungsbewusst sind und ein überdurchschnittlich gutes Ernährungswissen aufweisen."
Allerdings muss man keineswegs sein Essen täglich abwiegen und Ernährungswissenschaften studieren, um sich ausgewogen zu ernähren. Einfach seinem Bedarf entsprechend eine gesunde, ausgewogene Kost praktizieren, mit möglichst wenig Fast Food und Fertigprodukten aller Art, das ist der Garant für eine ausreichende Zufuhr aller notwendigen Nährstoffe, auch von Eiweiß.
Anmerkung
Eiweißreiche Kost sättigt besser, als eine Kost mit geringen Eiweißmengen. Deshalb sind heute Diäten mit hohem Eiweißanteil hoch im Kurs. Die für den Körper belastenden Stoffwechselprodukte beim Eiweißabbau sind sicherlich noch ein zusätzlicher Faktor, der die Pfunde purzeln lässt, da der Körper diese eben auch noch "entsorgen" muss. Wie gesund das Abnehmen dann wird ist fraglich. Empfohlen wird eine tägliche Eiweißzufuhr von 1 g pro Kilogramm Körpergewicht. Der Organismus kommt aber mit wesentlich weniger aus, wahrscheinlich mit der Hälfte der Menge, was eben auch eine geringere Belastung für den Organismus darstellt, allerdings auch die Möglichkeit erhöht, dass es schleichend doch zu einem Mangel an bestimmten Aminosäuren kommen kann. Langzeitstudien dazu gibt es offenbar keine. Außerdem reagiert jeder Körper anders und hat einen anderen Bedarf. So bleibt man wohl immer noch am besten damit beraten, wenn man auf seinen Körper hört. Schließlich hat der Mensch so Jahrtausende überlebt - ganz ohne Studien, Empfehlungen und Waagen!
Proteinreiche, vegane Nahrungsmittel*
Lebensmittel | Eiweiß in g auf 100 g verzehrbarem Anteil |
Amaranth | 15,8 |
Dinkel | 11,6 |
Hafer | 12,6 |
Hirse | 10,6 |
Mais | 9,2 |
Quinoa | 14,8 |
Weizen | 11,4 |
Weizenkeime, getrocknet | 28,7 |
Vollkornnudeln, roh | 15,0 |
Bierhefe, getrocknet | 48,0 |
Bohnen, grüne, getrocknet | 20,7 |
Erbsen, grün, roh (Schote und Samen) | 5,8 |
Petersilie, roh | 4,4 |
Rosenkohl, roh | 4,5 |
Champignons, Zucht- | 4,1 |
Pfifferlinge, getrocknet | 24,7 |
Steinpilze | 5,4 |
Steinpilze, getrocknet | 29,5 |
Alfalfa- (Luzerne-) Sprossen, frisch | 4,0 |
Bohnen, weiß, roh | 21,1 |
Erbsen, roh | 23,0 |
Kichererbsen, roh | 19,0 |
Linsen, roh | 23,5 |
Sojabohnen, roh | 37,6 |
Tofu | 8,8 |
Sojawurst (im Durchschnitt) | 12,6 |
Cashewnuss | 17,2 |
Erdnuss | 26,0 |
Haselnuss | 13,0 |
Kürbiskerne | 24,4 |
Leinsamen, ungeschält | 28,8 |
Mandel, süß | 19,0 |
Mohnsamen | 23,8 |
Paranuss | 14,0 |
Pinienkerne | 13,0 |
Pistazienkerne | 20,8 |
Sesamsamen | 20,9 |
Sonnenblumenkerne, geschält | 26,5 |
Walnuss | 15,0 |
Vergleich von tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln hinsichtlich ihres Eiweißgehaltes*
Die meisten Fleisch- und Fischsorten haben einen Eiweißgehalt zwischen 15-20%, kaum eine Sorte liegt darüber. Hühnereier liegen bei 12,8g Eiweiß/ 100g, was bei einem durchschnittlich großen Ei der Gewichtsklasse M (58g) nur ganze 6,7g ausmacht. Und dann wird von den meisten Menschen noch vergessen (oder man weiß es erst gar nicht), dass das meiste Eiweiß nicht im Weißen vom Ei ist, sondern im Eigelb. Hühnereidotter besteht zu 16,1% aus Eiweiß und das Hühnereiklar besteht nur zu 11,1% aus Eiweiß. Die meisten Flüssig-Milchprodukte liegen mit ihren Eiweißgehalten auch nicht so sehr hoch, durchschnittlich weisen sie einen Eiweißgehalt um 3% auf. Bei den Käsen sieht es etwas besser aus, sie weisen je nach Konsistenz auch mal bis zu 30% auf, was aber eher Ausnahmen sind. Durchschnittlich liegen Käse zwischen 15 und 25%.
Zusammenfassung
In der veganen Küche häufig vorkommende Lebensmittel enthalten reichlich Eiweiß. Ein Mangel an Eiweiß ist bei einer ausgewogenen veganen Ernährung auszuschließen.
* Die Nährwertangaben sind entnommen aus: "Die große GU Nährwert Kalorien Tabelle" von Gräfe und Unzer Verlag, Ausgabe 2004/05
Die neueste Ausgabe 2010/11 gibt es auch mit CD-ROM.
Interessante und weiterführende Links
-> http://www.vegetarierbund.de/nv/nv_1999_3__Protein_-_Ende_eines_Mythos.htm
-> http://www.vegan.at/vgoe/ernaehrung/artikel/kindheit.html